Palmherzgewinnung

Während man bei uns Euterpe edulis nur als Zierpflanze kennt, wird die Palme in Brasilien insbesondere wegen des aus der Pflanze gewonnenen Palmherzes, dem so genannten "Palmito" geschätzt. Als Palmito bezeichnet man das an Spargel erinnernde Mark (apikales Meristem) im Kronenschaft unterhalb der Spitze der Palme. Es ist von einer Reihe ungenießbarer, faseriger Blatthüllen umgeben, die vollständig entfernt werden müssen, um an das essbare Mark des Vegetationskegels zu kommen. Hierfür muss die Pflanze gefällt werden. Je nach Sorte, können pro ausgewachsener Pflanze mit einem Durchmesser von ca. 10 cm 300 g Palmherz geerntet werden, was für die Füllung eines handelsüblichen Glases reicht (NODARI & FANTINI 2000). Die Gewinnung von Palmherzen als Nahrungsmittel wurde zunächst in kleinem Umfang betrieben, in den 30er Jahren erfolgte dann die Gründung der industriellen Konservenproduktion (FANTINI et al. 2004). Heute ist das Produkt ein Handelsgut, das in Stücke von 8 bis 9 cm geschnitten in Gläser von 300 Gramm (netto) und Dosen von 400 oder 500 Gramm, bzw. in größeren Stücken in Dosen von 1200 g verkauft wird. Außerdem ist das Palmherz kommerziell als "picadinho" erhältlich, ein Produkt, bei dem Teile kleiner als 9 cm genutzt und in kleine Stücke gehackt werden. Letzteres wird in Gläsern von 300 g verkauft, dessen wichtigste Abnehmer Pizzerien und Bäckereien sind. Aus ernährungsphysiologischer Sicht sind nur die ungewöhnlich hohen Eisenwerte von bis zu 3,6 mg je 100 g Palmito bemerkenswert.

Im Gegensatz zu anderen Palmenarten wie etwa der Pfirsichpalme Bactris gasipaes (SCHMIDT et al.  2006), die bereits nach ungefähr drei Jahren erntereif ist, kann bei E. edulis das Palmherz frühestens nach sieben Jahren geerntet werden.
Der Geschmack der Palmherzen ist intensiv nussartig und entfaltet sich am besten im rohen Zustand. In Europa wird Palmito fast ausschließlich als Konserve angeboten. Dafür werden die Palmherzen auf eine einheitliche Länge zugeschnitten und in einer mit Meersalz gewürzten Lake konserviert. Palmherzen mit jungen, sie umhüllenden und noch nicht entfalteten Blättern bezeichnet man als Palmkohl.

Da Euterpe edulis keine basalen Seitentriebe ausbildet, führt die Wegnahme des Vegetationskegels unweigerlich zum Tod der bereits ausgewachsenen Palme, weil sie nicht befähigt ist, einen Ersatzvegetationskegel zu erzeugen. Dagegen bildet die im Regenwald des Amazonas vorkommende Artverwandte, die Açaí-Palme (Euterpe oleracea) Ausläufer aus, was dazu führt, dass ihre Stämme von Natur aus in Gruppen angeordnet sind. Der Wegfall eines Stammes bedingt hier nicht das Absterben einer ganzen Pflanze. Um eine nachhaltige Nutzung von Euterpe edulis zu gewährleisten, sollte die Gewinnung von Palmherzen, d. h. der Einschlag von Pflanzen, nur in solchen Gebieten durchgeführt werden, in denen die Palmen in höherer Individuenzahl auftreten und ihre Fortpflanzung durch Ausbreitung der Samen gesichert ist. Das ist leicht möglich, wenn man mit dem Einschlag wartet, bis die Palme Früchte produziert hat. Diese werden sehr effektiv von Tieren ausgebreitet (FADINI et al. 2009) und keimen meist in hoher Zahl.

Entfernen der äußeren Blätter

Frisch geerntete Palmherzen


Palmherzverkauf auf dem Markt (Auf den lokalen Märkten wird das rohe Palmherz noch eingehüllt in die äußeren Blätter verkauft, um es vor der Oxidation zu schützen)

Palmherz eingelegt in Gläsern

Verschieden geschnittene
Palmherzen